Mittwoch, 30.01.2019

Sich mit gutem Gewissen auch mal eine Auszeit gönnen

Sich austauschen mit Menschen in ähnlicher Situation, das ist das Ziel eines Stammtisches der Angehörigen von Bewohnern mit Demenz im Elisabeth-Tombrock-Haus in Ahlen.

Ahlen (at). Seit Juli 2016 besteht der Stammtisch der Angehörigen von Bewohnern mit Demenz im Elisabeth-Tombrock- Haus in Ahlen, der sich alle zwei Monate mit der Einrichtungsleiterin Anne Troester und der Sozialdienstleiterin Anne Böger zusammenfindet. Das Thema Demenz sei in der heutigen Zeit mit einer ständig älter werdenden Gesellschaft schon lange kein Thema mehr, über das nur hinter vorgehaltener Hand gesprochen werde, heißt es in einer Presse mitteilung. Dass Demenz als Tabuthema so nicht mehr wahrgenommen werde, mache es für die Angehörigen nicht leichter, damit im Lebensalltag klar zu kommen. Die meisten Angehörigen haben einen langen Weg in der Pflege ihrer Familienmitglieder mit Demenz hinter sich. Einige sind zum ersten Mal dabei. Doch eines eint sie alle: Sie mussten erkennen, dass irgendwann ein Punkt kommt, an dem die Kraft ausgeschöpft ist, mit der sie sich in fürsorglicher und liebender Betreuung ihren erkrankten Angehörigen zuwendeten. Doch auch bei aller professioneller Hilfe, die eine stationäre Einrichtung bietet, bleibt immer die Frage: „Habe ich alles richtig gemacht, wenn ich jemanden nicht mehr selbst im häuslichen Umfeld betreue und pflege?“ Die Treffen im Angehöngenstammtisch werden als Hilfe empfunden. Die erste Erkenntnis: „Ich bin nicht allein mit meinen Sorgen und Belastungen“, führt zu einem offenen Informations- und Erfahrungsaustausch. „Es gibt viele Tipps, die wir für die Besuche im Haus und zum Umgang mit den Angehörigen mit Demenz geben können“, erläuteıt Anne Böger, die als Fachkraft für Gerontopsychiatrie gemeinsam mit Pfiegedienstleiter Udo Reins den Stammtisch vor Kurzem moderierte. „Themen der Kommunikation mit Menschen mit Demenz oder beispielsweise der basalen Stimulation finden sich in unseren Gesprächen wieder.“ Die Unterhaltungen der Stammtischbesucher, die eine fürsorgliche Betreuung und Pfiege ihrer Angehörigen in der Senioreneinrichtung loben, zeigen aber auch, wie wichtig es ist, sich selbst die Frage zu stellen: Wie bleibt man bei Kräften für die Familie, den Benuf und das Leben, das weitergehen muss. Freiräume zum Ausgleich, sportliche Aktivitäten, gemeinsames Leben in Vereinsaktivitäten müssen teils wieder neu entdeckt werden. „Daher bestärken wir die Angehörigen, eine Auszeit mit gutem Gewissen für einen Kurzurlaub zu neh men“, so Böger. Die Gespräche in der Stammtischrunde zeigten, dass es richtig und wichtig sei. Der Erfolg der Gespräche, die im Tombrock-Haus fortgeführt werden, ist auch beim jetzigen Stammtisch klar erkennbar: Der Austausch mit Menschen in einer ähnlichen, oft auch belastenden Lebenssituation wird als Entlastung empfunden.

Ahlener Tageblatt, 30. Januar 2019